Stadt- und Untergasse
Als im 14. Jahrhundert die alte Stadt auf dem Berg nicht mehr genügend Platz bot, erweiterte man sie den Berg hinunter in Form der Stadtgasse und der Untergasse. Kurz vor der sogenannten Marienpforte, die sich zum Viehmarkt hin öffnete und die ihren Namen von einer Marienkirche hatte, die auf oder vor ihr stand, trafen sich diese beiden Gassen. An dieser Ecke steht heute eines der sehenswertesten Häuser der Biedenkopfer Altstadt. Mit seinem vorkragenden Obergeschoss verdeutlicht es die kluge Raumnutzung in mittelalterlichen Städten. Lange Zeit, bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts, hielten selbst Fachleute mittelalterliche Städte für einen wüst und wirr zusammengewürfelten Zufallshaufen aus Häusern. Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass besonders die staufischen Städtegründungen, zu denen auch Biedenkopf gehört, nicht nur nicht willkürlich erfolgten, sondern sogar auf sorgsam vorbereiteten Stellen gezielt geplante Straßenzüge angelegt wurden. So stehen alle Häuser zwischen Untergasse und Stadtgasse auf denselben zwei parallelen Mauern, die den Hang in voller Länge vom oberen Markt bis zur Ecke Untergasse/Stadtgasse terrassieren und alle Keller in ihrer Lage vorgeben. Zwischen den Mauern verlief im Hochmittelalter eine weitere Gasse, die heute nur noch auf den Lageplänen der Keller sichtbar wird. Sie wurde im Zuge der mehrfachen Neuerbauung Biedenkopfs nach den drei Stadtbränden der Stadtgeschichte völlig überbaut. Aber von Anfang an baute niemand wild sein Haus dahin, wohin es ihm gerade gefiel, sondern auf eine genau vorbereitete und zugewiesene Parzelle.