Stadtgasse
Auf dem oberen Markt, der eigentlichen Keimzelle der Stadt, befindet sich der wohl älteste Brunnen im Stadtgebiet, ein noch immer eisengefasster runder Brunnen aus 23 unterschiedlich großen Sandsteinsegmenten. Der heutige Brunnen wird auf 1636 datiert, allerdings hat er mit Sicherheit einen älteren Brunnen ersetzt. In seiner Mitte speist eine Sandsteinsäule aus vier Rohren das Becken und versorgte damit die Anwohner der Oberstadt mit Trinkwasser. Die Wasserversorgung war ein Problem auf dem schichtartig gebauten Schieferuntergrund der Oberstadt. Deshalb war dieser Brunnen schon immer von besonderer Bedeutung, für die nicht zuletzt der Löwe auf seiner Spitze spricht, der für heutige Betrachter schwer zu interpretieren ist; für die Biedenkopfer vergangener Zeiten war er klar zu lesen wie ein Buch:
Zunächst hält er vor sich einen Wappenschild. Dieser zeigt das Wappen der Stadt und den hessischen Löwen im Tor des schematisierten Schlosses. Hinter dem Wappen befindet sich am Körper des männlichen Löwen allerdings das oft übersehene aber eindeutige Symbol für Potentia, im Lateinischen der Ausdruck für Macht, Kraft und Stärke; auch durchaus die politische. Der Löwe schickt also der Stadt die politische Macht. Den Kopf hat er selbstbewusst in den Nacken gelegt und blickt stolz empor zum Schloss, dem er seine extra aus Eisenblech hergestellte Zunge weit herausstreckt. Geht man um den Brunnen herum, sieht man, dass der Löwe sehr unbequem sitzt, nämlich nur mit einer Pobacke auf dem Untergrund. Die andere nackte Backe streckt er dem Schenkbarschen Haus zu, dem Haus des Amtmannes und damit Stellvertreters der hessischen Landgrafen und Sitz der Halsgerichtsbarkeit. Insgesamt also ein lesenswerter Löwe, an dem nichts verwunderlicher ist, als dass er ungestört so alt werden konnte.